Die folgenden Texte verwenden den Genderstern, um intergeschlechtliche, transgeschlechtliche und nichtbinäre Menschen zu inkludieren. Der Genderstern wird vom Screenreader unter Umständen als ‚Pause‘, ‚Stern‘, ‚Sternchen‘ oder ‚Asterisk‘ vorgelesen, manchmal auch gar nicht, was den Effekt erzeugt, dass nur die weibliche Form ausgesprochen wird.

Steile Karrierewege - Kein Spaziergang

Frauen haben bei der akademischen Bildung die Nase vorne. Für die wissenschaftliche Karriere gilt das (noch?) nicht: Diese gleicht einer leckenden Pipeline („Leaky Pipeline“), in deren Verlauf deutlich mehr Frauen als Männer verloren gehen.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Wissenschaft ist von unsicheren Karrierewegen geprägt und mit andern Lebensbereichen (Familie, Sorgearbeit) schwer zu vereinbaren, die noch immer ungleich zwischen den Geschlechtern verteilt sind. Die Wissenschaftskultur ist vor allem im MINT-Bereich (d.h. Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) nach wie vor männlich geprägt. Auswahlentscheidungen beinhalten des Öfteren einen (Gender) Bias, der mit dem Bild des „zu uns Passenden“ zu tun hat.

Die Lecks in der Pipeline sind aber längst nicht mehr so groß wie in vergangenen Jahrzehnten. Seit 1995 ist der Professorinnenanteil an der Universität Wien von 4% auf 33% angewachsen, bei Tenure Track-Professuren lag der Frauenanteil 2021 bei 44%.

Quellen: Archiv der Universität Wien, Abteilung EDV-Koordination und Personalcontrolling, Universität Wien

Quelle: Abteilung EDV-Koordination und Personalcontrolling, Universität Wien

Ist also alles eine Frage der Zeit? Ja und nein. Seit Beginn der 1980er Jahre studieren mehr Frauen als Männer an der Universität Wien, 40 Jahre später ist nur eine von drei Professuren mit einer Frau besetzt.

Quellen: Statistik Austria, Hochschulstatistik; Datawarehouse Hochschulbereich unidata.gv.at;

mit Dank an Herbert Posch, Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien

Der größte Bruch liegt beim Einstieg in eine wissenschaftliche Laufbahn: Zwei Drittel aller Master-Absolvent*innen, aber nur rund die Hälfte aller Prädocs (wissenschaftliche Mitarbeiter*innen ohne Doktorat) sind Frauen. Die Anteile bis zu den Postdocs (wissenschaftliche Mitarbeiter*innen mit Doktorat) sind in den letzten 15 Jahren unverändert geblieben. Aufgeholt haben Frauen aber bei den Spitzenpositionen.

Quelle: Abteilung EDV-Koordination und Personalcontrolling, Universität Wien

Die letzten 15 Jahre brachten eine zunehmende Feminisierung der „soft sciences“, während die „hard sciences“ – trotz leicht steigender Frauenanteile – eine Männerdomäne bleiben. Der Professorinnenanteil liegt in den Geistes- und Kulturwissenschaften bei 43%, in den MINT-Fächern bei 16% (Stand 2021). In den MINT-Bereich fließen deutlich mehr Ressourcen, beispielsweise über Drittmittel-Projekte. Auch in der Wissenschaft zeigt sich das Phänomen einer tendenziellen Abwertung von Arbeitsbereichen, in die immer mehr Frauen vordringen.

Am dicksten sind die zu bohrenden Bretter bei Führungspositionen - auch an der Universität. Nachdem die ersten Frauen an der Universität Wien mit dem Studium begannen, dauerte es 59 Jahre bis zur ersten Professorin, 92 Jahre bis zur ersten Dekanin, und 102 Jahre bis zur ersten Vize-Rektorin. In der universitären Verwaltung arbeiten knapp zwei Drittel (64%) Frauen, die großen Dienstleistungseinrichtungen werden 2022 zu knapp zwei Drittel (64%) von Männern geleitet.

Dennoch sind die Fortschritte gerade in den letzten beiden Jahrzehnten beachtlich und zeigen sich auch in der Spitzenforschung. Vier von sechs Trägerinnen des Wittgensteinpreises („österreichischer Nobelpreis“) kommen von der Universität Wien: Ruth Wodak, Renee Schröder, Claudia Rapp und Monika Henzinger.