Die folgenden Texte verwenden den Genderstern, um intergeschlechtliche, transgeschlechtliche und nichtbinäre Menschen zu inkludieren. Der Genderstern wird vom Screenreader unter Umständen als ‚Pause‘, ‚Stern‘, ‚Sternchen‘ oder ‚Asterisk‘ vorgelesen, manchmal auch gar nicht, was den Effekt erzeugt, dass nur die weibliche Form ausgesprochen wird.
1938: Die Universität Wien im Nationalsozialismus
Vorbereitet durch den nationalistischen, antisemitischen und diktatorischen Austrofaschismus dauert es 1938 nicht lange, bis die Universität Wien zu einer vom Nationalsozialismus durchdrungenen Institution wird. Über 2700 vorwiegend jüdische Universitätsangehörige (Studierende, Wissenschafter*innen und Mitarbeiter*innen der Verwaltung) werden 1938 rasch, unter Mitwirkung vieler Universitätsangehöriger und mithilfe von Personenlisten, die von den Dekanaten erstellt werden, vertrieben. Über 40 % der Studierenden verlassen 1938 die Universität. Die Inskription von jüdischen Studierenden wird verboten, bestehende Inskriptionen werden aufgehoben, Abschlussprüfungen können nicht mehr abgelegt werden, vielen jüdischen Absolvent*innen werden ihre Doktorate nachträglich aberkannt. Viele der Vertriebenen müssen nicht nur die Universität, sondern Österreich verlassen, unter ihnen Marianne Beth und Charlotte Bühler. Einige werden ermordet – darunter auch Elise Richter, die 1943 im Ghetto Theresienstadt stirbt.
Die personellen Leerstellen, die durch die Vertreibung, Verfolgung und Ermordung entstehen, ermöglichen vielen ideologisch angepassten Menschen Karriere an der Universität zu machen. Auch „arische“ Frauen profitieren vom Nationalsozialismus. Um Akademiker*innenmangel vorzubeugen, werden Frauen explizit als Studentinnen geworben. Dadurch und durch die Einberufung vieler männlicher Studenten in den Militärdienst steigt der Anteil weiblicher Studierenden an der Universität Wien erstmals auf knapp über 50 %.